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Großen im Aufschwung und Niedergang erinnert so ganz an gotisches Wesen, dessen Offenbarung in der Geschichte mit dem Vorspruch aus dem Segen des Moses versehen werden könnte: Gepriesen sei, der Gad weiten Raum schafft. Bei der gotischen Ausbreitung nach Westen und Norden fragt es sich, wie wir sie uns vorstellen müssen. Nun zeigen sich in keiner der betreffenden Mundarten irgendwie besondere gotische Beimengungen. Daraus ergibt sich, daß keinesfalls große gotische Volksmassen übersiedelt wurden. Es wäre ja auch gar nicht abzusehen, wie der gotische Hauptstamm so beträchtliche Abzweigungen hätte abgeben können. Es sind wohl nur vereinzelte Adelsfamilien, die aber verstanden haben, die geistige Führung an sich zu reißen. Diese Wendung der Dinge hängt zusammen mit der Schöpfung der germanischen Literatur; denn etwa zur Zeit des Perikles ging die germanische Welt in der Schrift von der hebräischen zur Volkssprache über. Die Mundart, die in der neuen Schriftsprache zum Ausdruck kam, war die gotische, so daß die Runen mehr oder minder gotisches Gepräge verraten; erst das eindringende katholische Christentum hat die beherrschende Stellung der Goten vernichtet. Ihr Übergewicht ist die einschneidendste Neuerung, die im politischen Leben des vorchristlichen Germanentums eingetreten ist. Allerdings ist diese Änderung auch schon vorgebildet im Alten Testament. Bei den Volkszählungen und der Lagerordnung Israels (IV Mose 1; 2; 26) erscheint Gad getrennt von den drei anderen Söhnen der Kebsweiber im Anschluß an Ruben und Simeon mitten unter den Leasöhnen als gleichberechtigt. Von dieser Rangerhöhung Gads handelt auch die Geschichte des Richters Jephtha (Richt. II). Er wird bezeichnet als Sohn Gileads. Gilead im engeren Sinne ist das Gebiet Gads, im weiteren das ganze Ostjordanland. Wird Jephtha als Sohn einer Buhlerin bezeichnet und ausgestoßen, so wird hier in